Aus gegebenem Anlass einige Fakten zur Klarstellung.
…und etwas ausführlicher…
ver.di-Betriebsgruppe an der Uniklinik RWTH Aachen
solidarisch-entschlossen-konsequent
Aus gegebenem Anlass einige Fakten zur Klarstellung.
…und etwas ausführlicher…
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die zweite Verhandlungsrunde zum Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes der Länder (TVL) hat ein mehr als ernüchterndes Ergebnis gebracht. Die Arbeitgeberseite war erneut nicht dazu bereit, ein konkretes Angebot vorzulegen.
Was sie getan haben, ist deutlich zu machen, dass eure Forderung von 10,5% mehr aber mind. 500€ viel zu hoch sei und verschließen damit die Augen vor den Preissteigerungen, die in den letzten zwei Jahren stattgefunden haben.
Sie verschließen die Augen vor eurer Lebensrealität, vor steigenden Lebensmittelpreisen, Mieten sowie dem steigenden Druck auf der Arbeit, weil immer mehr Kolleginnen und Kollegen vor den Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen fliehen.
Anstatt auf euch zuzukommen, nimmt die Arbeitgeberseite eines lächelnd in Kauf:
Eine solche Haltung der Arbeitgeberseite ist indiskutabel und erfordert eine Antwort: Streik!
Nun ist eure Zeit gekommen, der Arbeitgeberseite zu zeigen, dass ihr hinter euren Forderungen steht und euch nicht mit Reallohnverlust, mangelnder Wertschätzung sowie Hinhaltetaktiken zufriedengeben wollt.
Am Freitag, den 17.11.23 wird ab der frühesten Frühschicht bis zum Ende der spätesten Spätschicht gestreikt. Die Streikerfassung beginnt ab 06:00 auf dem Klinikvorplatz.
Der Streikaufruf ist bereits an das UKA weitergeleitet worden und ihr könnt ihn hier herunterladen.
Informiert gerne eure Kolleginnen und Kollegen auf den verschiedenen Stationen/ in den verschiedenen Bereichen.
Es gibt zwischen ver.di und dem UKA eine beidseitig akzeptierte Notdienstvereinbarung, an die wir uns halten werden, um das Wohl der Patientinnen und Patienten nicht zu gefährden. Maßgeblich für die Not-Besetzung ist in der Pflege die Besetzung wie im Nachtdienst. In manchen Bereichen ist die Besetzung wie an Wochenenden vereinbart. Viele Bereiche können ganz geschlossen werden, das gilt z.B. für alle, die nachts oder an Wochenenden geschlossen sind. Definitiv klar ist: An einem Streiktag gibt es kein normales Programm. Es gibt keine Untersuchungen, Behandlungen, Therapien, die nicht lebenswichtig sind.
Bei Fragen, was bei euch gilt: sprecht uns gerne an.
Deshalb ist es wichtig, dass ihr wie gewohnt am Streikposten vor Ort seid, um im Zweifelsfall die Ausübung des Notdienstes garantieren zu können.
Die Notdienstvereinbarung sieht auch die Möglichkeit der Stations- und Bettenschließung bei hoher Streikbeteiligung vor. Deshalb sprecht euch bitte in euren Teams ab, wer alles streikbereit ist,
damit wir am Freitag den Schließungsbedarf feststellen können und so möglichst vielen die Wahrnehmung ihres Rechts garantieren können.
Denn nur mit Vielen wird das Zeichen klar:
Ihr wollt eure Forderung durchsetzen, eure Forderung ist gerechtfertigt und ihr seid bereit dafür zusammenzustehen!
📽️ Warum ver.di eigentlich dauernd streikt? Hier gibt’s die Antwort!
📢 Streiks nerven?! – Mag sein… Und dennoch: Sie sind nicht nur legitim, sondern auch letztes Mittel im Arbeitskampf um mehr Geld und bessere Bedingungen.
✊ Für eine Eskalation, also einen Streik in Tarifrunden, ist in aller Regel der Arbeitgeber verantwortlich, der seine Beschäftigten kurzhalten will. Sie haben es in der Hand, mit fairen Angeboten von Anfang an, Streiks zu vermeiden.
🛒 Ganz aktuell spürt ihr vielleicht die Auswirkungen unserer Streiks im Handel: in den Drogerien, Supermärkten und Bekleidungsgeschäften. Die Kolleg:innen machen damit Druck auf die Arbeitgeber: Sie fordern ein kräftiges Lohnplus für ihre wichtige Arbeit!
✅ Unsere rund 2 Millionen Mitglieder aus rund 1.000 Berufen halten den Laden am Laufen: In Ämtern, in Kitas, im Krankenhaus oder bei der Müllabfuhr. Und wären die Kolleg:innen nicht so unentbehrlich für unseren Alltag, würden ihre Streiks auch nicht so nerven. Bessere Arbeitsbedingungen für sie kommt übrigens auch uns zugute: besserer Service, höhere Qualität und mehr Tempo bei den Dienstleistungen.
Damit nicht genug: Der Vorstand der Uniklinik Bonn ging gegen das Urteil des AG Bonn in Berufung und zog vor das LAG Köln. Aber auch dort gab es zwei Wochen später eine Niederlage. Nachfolgend die Pressemitteilung:
»Der Präsident des Landesarbeitsgerichts Köln – Die Pressedezernentin –
Pressemitteilung 7/2022 –Berufung zurückgewiesen
Streikmaßnahmen am Uniklinikum Bonn zulässig
Die Streikmaßnahmen der Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am Universitätsklinikum Bonn sind zulässig. Diese Entscheidung verkündete die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln am 1. Juli 2022 und wies damit die Berufung des Universitätsklinikums Bonn zurück.
Die ver.di fordert vom Arbeitgeberverband des Landes NRW den Abschluss eines „Tarifvertrags Entlastung“ und ruft die Mitarbeitenden des Universitätsklinikums Bonn seit Anfang Mai 2022 zum Streik auf. Das Universitätsklinikum Bonn hält die Streikmaßnahmen für rechtswidrig, weil die Streikforderungen teilweise nicht hinreichend bestimmt und tariflich nicht regelbar seien. Der Streik verstoße zudem gegen die Friedenspflicht und sei in seinem Ausmaß unverhältnismäßig.
Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zum Widerruf des Streikaufrufs und zur Unterlassung weiterer Streikmaßnahmen hatte das Arbeitsgericht Bonn in erster Instanz mit Urteil vom 14.06.2022 zurückgewiesen (3 Ga 14/22).
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Universitätsklinikums Bonn wies das Landesarbeitsgericht Köln nunmehr zurück.
Der stellvertretende Vorsitzende der 10. Kammer, Herr Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht Ralf Weyergraf, verkündete die Entscheidung und erläuterte den Anwesenden die Rechtsgründe, die aus Sicht der Berufungskammer nach der knapp siebenstündigen Anhörung der Parteien am 29. Juni 2022 zur Zurückweisung der Berufung führten.
Er führte zunächst aus, dass die Tarifforderungen der beklagten Gewerkschaft ver.di gemäß Schreiben vom 01.05.2022 hinreichend bestimmt seien.
Nicht abschließende oder beispielhafte Angaben im Aufforderungsschreiben stünden der Bestimmtheit der Tarifforderungen vorliegend nicht entgegen. Die Arbeitgeberseite könne sich hinreichend darauf einstellen, wie sie auf die formulierten Tarifziele reagiere, um einen Arbeitskampf zu vermeiden. Die Funktion des Arbeitskampfs bestehe nur darin, die eigentlichen Tarifverhandlungen anzuschieben; die konkrete Ausgestaltung sei Sache der Tarifverhandlungen. In diesem Sinne führten die Parteien auch seit Monaten Tarifgespräche, wenn auch noch ergebnislos.
Der Streik sei nicht rechtswidrig mangels tariflicher Regelbarkeit aufgrund ausschließender Regelungen des Gesetzes über die Pflegeberufe sowie des Gesetzes über den Beruf der Anästhesietechnischen Assistentin und des Anästhesietechnischen Assistenten und über den Beruf der Operationstechnischen Assistentin und des Operationstechnischen Assistenten. Diese gesetzlichen Regelungen stünden nach Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck insbesondere einer zur Stärkung der Ausbildungsqualität beabsichtigten günstigeren Regelung der Tarifvertragsparteien nicht entgegen. Es handele sich hierbei um eine angestrebte Verbesserung von Arbeits- bzw. Ausbildungsbedingungen, die – anders als Ausbildungsinhalte – dem Schutzbereich des Art 9 Abs. 3 GG unterfalle.
Der Streik für einen „Tarifvertrag Entlastung“ verstoße nicht gegen die tarifvertragliche Friedenspflicht. Weder der TV-L noch die einschlägigen Ausbildungstarifverträge TVA-L Gesundheitsberufe und dem TVA-L Pflege regelten (abschließend) das Streikziel einer präventiven, vorbeugenden Verhinderung des Entstehens spezifischer Belastungssituationen.
Schließlich sei der Streik derzeit nicht unverhältnismäßig. Das Streikrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG unterliege Einschränkungen, soweit verfassungsrechtlich geschützte Güter Dritter – hier Patientenrechte nach Art. 2 Abs. 2 GG – betroffen seien. Es bedürfe eines Ausgleichs der beiderseitig verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen im Wege der praktischen Konkordanz. Dieser Grundsatz fordere, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal durchgesetzt werde. Alle Interessen müssten einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren. Im Bereich der Daseinsvorsorge eines Klinikbetriebs bedeute dies, dass vorrangig eine angemessene, ausreichende und geeignete Notversorgung sicher zu stellen sei. Eine Notversorgung, die diesen Anforderungen entspreche, hätten die Parteien in konstruktiver Art und Weise im Verhandlungstermin am 29. Juni 2022 vereinbart, indem sie unter anderem die Notversorgung qualitativ und quantitativ durch die Erhöhung des Mindestbetriebs von 16 Operationssälen auf 25 Operationssäle nebst entsprechendem Fachpersonal verbesserten.
Die Entscheidung kann demnächst in der Rechtsprechungsdatenbank NRWE (www.nrwe.de) unter dem Aktenzeichen 10 SaGa 8/22 abgerufen werden.
Abou Lebdi
Die Pressedezernentin
des Landesarbeitsgerichts Köln«
Am Morgen des vierten Mai traten alle Unikliniken in Nordrhein-Westfalen in den Streik. Es sollte der größte werden, den das Deutsche Gesundheitssystem bisher gesehen hatte. Wie konnte es nur so weit kommen?
Seit den 90ern wurde unser Gesundheitssystem Stück für Stück kommerzialisiert – um Kosten zu sparen. Es wurden immer kränkere Patienten behandelt und immer mehr Aufgaben landeten bei immer weniger Beschäftigten. Und immer mehr verlassen den Beruf. Doch anstatt zu kündigen oder die schlechten Bedingungen weiter hinzunehmen haben sich die Beschäftigten der Unikliniken NRWs dazu entschieden um ihre Berufe zu kämpfen. Und damit um den Erhalt unseres Gesundheitssystems. Ihre Forderung ist simpel; Entlastung. Genug Zeit um ihren Job richtig zu machen. Genug Zeit, um keinen Burnout zu bekommen.
Die Doku begleitet die Beschäftigten der Kliniken, die Krankenschwestern und Pfleger durch die Höhen und Tiefen, die Gerichtsprozesse und Landtagsbeschlüsse und die komplizierten letzten Tage des Streiks für den Tarifvertrag Entlastung.
Aber was denkt ihr, was können wir dem Personalmangel im Gesundheitssystem am besten entgegensetzen? Schreibt eure gedanken gerne in die Kommentare!
Credits: Kamera, Schnitt & Regie: Jonas Alter
Co-Autor: Hubertus Koch
Redaktionelle Unterstützung: René Ewald
Vielen Dank an Lidia Polito und Justus Friedrich für die Unterstützung bei der technischen Umsetzung. Und Danke an Maja Meiners und Ben Bode für das detaillierte Feedback! Anfragen und Ähnliches am besten über Twitter: https://twitter.com/ohTommy6